29.04.2012: Landesliga, 9. Runde:SF Neckartenzlingen – SG KK Hohentübingen 4.0:4.0

Punktlandung!

Heidewitzka, was war das für ein Spiel! Gut war's gewiss nicht, aber spannend bis zum Schluss. Lange Zeit sah es eher danach aus, als würde es nicht reichen, aber am Ende sprangen doch gerade die vier benötigten Brettpunkte heraus. Puh, da überwiegt erst mal die Erleichterung! Es wäre schon ärgerlich gewesen, sich nach acht Siegen in Folge noch die Butter vom Brett, äh, Brot nehmen zu lassen. Zur Erinnerung: Bei einer Niederlage (bis 2:6) hätte man „nachsitzen“, d.h. noch einmal antreten müssen. So hingegen kann man einen Schlussstrich ziehen, für die nächste Saison planen und auch erst mal (wenn die Erleichterung von der Freude verdrängt wird) natürlich feiern. Das Vereinsfest am 1. Mai wird auf diese Weise sicherlich noch schöner!

Ganz ohne Nervenkitzel ging selbst die Anfahrt nicht ab. Ein gewisser leicht orientierungsloser Fahrer (Name und Anschrift der Redaktion bekannt) steuerte Neckartailfingen statt -tenzlingen an, konnte aber mit zahlreichen Handy-Anrufen dann doch zum Spiellokal gelotst werden. Die Neckartenzlinger, Gentlemen der Alten Schule, waren so freundlich, mit dem Anpfiff ein wenig zu warten. Als es dann losging, merkte man bald, wie ernst die Kontrahenten das Spiel nahmen. Beide Teams waren in Bestbesetzung am Start, so dass alle Spieler versuchen konnten, ihre Vorbereitung aufs Brett zu bekommen. Viele hatten Überraschungen vorbereitet und es war spannend zu sehen, wer letztlich wen austricksen würde. Andererseits war natürlich auch die Anspannung zu spüren; es passierten mehr einfache Fehler, als dies in einem weniger kritischen Spiel der Fall gewesen wäre. Matthias Hönsch (1) und Michael Tscharotschkin vermieden Fehler dadurch, dass sie recht früh Remis vereinbarten. Matthias gedachte, mit einem frühen Zentrumsdurchbruch in Vorteil zu kommen, aber sein Gegner hatte genau diese Vorgehensweise schon in der häuslichen Vorbereitung antizipiert und konnte den Druck völlig neutralisieren. Das frühe Weißremis war somit zwar aus Gästesicht nicht wunsch-, aber stellungsgemäß. Danach wogte der Kampf längere Zeit hin und her, die Vorteile waren verteilt, aber insgesamt lief es für Hohentübingen nicht sonderlich toll. Dadurch sah Martin Schmidt (3) sich veranlasst, nach einem bis dato eher ruhigen Partieverlauf einen Zahn zuzulegen und eine Attacke zu starten. Dies war natürlich nicht ohne Risiko und leider reagierte Alexander Tscharotschkin stark, indem er alle Drohungen parierte und dann zum Konter ansetzte. 0:1, der Tabellenführer lag hinten! Auch bei Bernd Staufenberger (6) war die Niederlage gegen Mathias Mörsch schon abzusehen. Er hatte einfach einen schlechten Tag erwischt, sich in der Eröffnung verzettelt und dann auch noch eine Figur eingestellt. Er versuchte zwar noch zu tricksen, aber es half alles nichts mehr. Zwischenzeitlich war die besonders nervöse Partie zwischen Heiner Uhlig (8) und Michael Herrmann remis geendet. Hier stellte zunächst Herrmann einfach einen Bauern ein, aber Heiner hatte Kreislauf, übersah seinerseits einen Trick und musste die Dame für etwas Kleinholz geben. Dann war wieder der Neckartenzlinger an der Reihe, indem er äußerst zweifelhafte Technik demonstrierte und eher noch Verlust- als Gewinnchancen kreierte. Mit dem halben Punkt waren schließlich beide einigermaßen zufrieden. Wichtig war nun, dass Kai Schumann (7) seine Partie gegen Udo Ruprich doch noch gewinnen konnte, nachdem er seinen Eröffnungsvorteil mehr oder weniger vergeben hatte. Ruprich bekam seine Chancen, agierte aber doch zu verhalten und ließ sich auf ein schwieriges Endspiel ein, das er nicht verteidigen konnte. Den Ausgleich besorgte dann Michael Schwerteck (5) in einer unterhaltsamen Partie gegen Frank Häußler. Der Neckartenzlinger ist bekannt dafür, dass er gern kreativ spielt, aber auch Michael ließ sich nicht lumpen und opferte eine Qualität für positionelle Kompensation. Der weitere Partieverlauf war zwar nicht fehlerfrei, aber Michael war jedenfalls am Drücker (auch zeitmäßig) und konnte nach dem Rückgewinn der Qualität auch noch einige Bauern einsammeln. Nach der Zeitkontrolle zählte Häußler einmal durch, konstatierte drei glatte Minusbauern und warf das Handtuch. Richtig freuen konnte Michael sich aber zunächst nicht, denn für seine Mannschaft sah es immer noch nicht gut aus. Karsten Neurohr (2) bekam gegen Norbert Hallmann zwar seine Vorbereitung aufs Brett und erreichte als Schwarzer bequemes Spiel, aber in dem etwas ungewohnten Stellungstyp unterlief ihm später ein positioneller Lapsus, wonach schon klar wurde, dass er nur ums Remis kämpfen konnte. Als schließlich auch noch ein Bauer verloren ging, musste man zu 99 % mit einer Niederlage rechnen. Dies bedeutete, dass Jonathan Reichel (4) unbedingt gewinnen musste. Seine Vorbereitung auf Dietmar Guski war besonders erfolgreich, auch in psychologischer Hinsicht. Guski kannte sich in der selten gespielten Variante überhaupt nicht aus, wollte seinem Naturell gemäß aber dennoch prinzipiell auf Angriff spielen. Gegen diese Spielweise war Jonathan aber bestens gewappnet, so dass er nach 15 Zügen schon über deutlichen Stellungs- und Zeitvorteil verfügte. Ganz so glatt ging es aber nicht weiter: Guski verteidigte sich recht gut, umschiffte die unmittelbaren Gefahren und als schließlich auch noch die Damen getauscht wurden, stand er so gut wie schon lange nicht mehr, d.h. nur noch leicht schlechter. Es entstand ein Endspiel, in dem Jonathan Turm und zwei Bauern gegen Läufer und Springer hatte. An sich eine ganz gute Materialverteilung, aber es war keineswegs klar, wie das Königskind weiterkommen sollte. Die nervös wartenden Teamkollegen waren sich einig: objektiv wohl remis, aber noch mit praktischen Chancen, zumal Guski wieder allmählich in Zeitnot kam. So richtig glaubte man nicht mehr daran, viele wollten schon gar mehr hingucken, aber plötzlich brachte Heiner erstaunliche Kunde aus dem Spielsaal: „Guski hat eine Figur für zwei Bauern gegeben! Ich versteh's nicht!“ Nix wie ran ans Brett und tatsächlich: Jonathan stand glatt auf Gewinn und hatte kurz darauf den Punkt in der Tasche. Sein Gegner war unter dem Druck zusammengebrochen und hatte die Figur wohl einfach eingestellt. Somit war die letzte Partie, in der Karsten sich trotz langer Gegenwehr nicht mehr halten konnte, bedeutungslos.

Fazit: Es war keine brillante Saison, aber eine ordentliche. Es waren ein paar schwächere Spiele dabei, aber 17:1 Punkte muss man auch als Favorit erst einmal holen. In der Verbandsliga sollte die Mannschaft grundsätzlich konkurrenzfähig sein, muss aber konstanter werden. Um die Klasse zu halten, wird man hart arbeiten müssen. So sahen die individuellen Leistungen aus: Matthias spielte erzsolide, wie man ihn kennt: 5/8 ohne Niederlage. Karsten zeigte seinen gewohnten Kampfgeist, aber spielerisch lief es diesmal nicht ganz so toll (3,5/8). Immerhin war der Sieg gegen Reutlingen ein Highlight. Martin zeigte, dass er zu Recht weit vorne aufgestellt wurde. Seine ordentliche Bilanz (5/8) wäre ohne die unnötige Niederlage gegen Schönbuch (aus klarer Gewinnstellung heraus) noch besser ausgefallen. Jonathan spielte nicht immer, aber wenn, dann stark: 4,5/5 und am Ende Match-, nein Championship-Winner! Michael wackelte hier und da ein wenig, zog sich aber insgesamt ganz gut aus der Affäre (5/6). Bernd begann gut, ließ aber in der zweiten Saisonhälfte, als er häufig mit Schwarz spielen musste, etwas nach (3,5/7). Kai remisierte wegen mangelnder Fitness gegen zwei 1700er, spielte im Übrigen aber zuverlässig und erfolgreich (5,5/7). Heiner erlitt ebenfalls einen bösen Ausrutscher gegen Schönbuch, aber ansonsten war es in Ordnung (3,5/6). Die Ersatzspieler wurden selten benötigt, aber danke auch ihnen für ihren Beitrag!

Wer sich nun noch über das fehlende Partiebeispiel wundert: Diesbezüglich sei für den neu eingerichteten Königskinder-Blog geworben, der ab sofort für Partieanalysen, Aufgaben, Hintergrundberichte usw. zur Verfügung steht. Ein erster Artikel ist schon online, weitere (auch zum Ntl-Spiel) sind geplant. Schaut rein, habt Spaß und gebt uns Feedback!


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