Verbandsliga, 5. Runde: SG KK Hohentübingen – SV Balingen 4.5:3.5

Irgendwie gewonnen

Im Kampf um den Klassenerhalt musste gegen den Alb/Schwarzwald-Aufsteiger Balingen, die nominell klar schwächste Mannschaft der Liga, „irgendwie“ gewonnen werden, egal wie. Dies gelang nicht ohne Abenteuer, aber es gelang. Souverän war es nicht, zwischenzeitlich musste man sich sogar ernsthafte Sorgen machen, aber das interessiert letztlich keinen mehr, denn „irgendwie“ wurden die beiden eminent wichtigen Mannschaftspunkte dann doch noch errungen. Da auch die Balinger die Punkte dringend brauchten und lange Zeit wacker kämpften, wurde es ein ziemlich spannender, wenn auch nicht hochklassiger Mannschaftskampf. Am Ende fehlte dem Aufsteiger vielleicht einfach der entscheidende Tick Selbstvertrauen, um tatsächlich etwas mitnehmen zu können.

Eine kuriose kleine Eröffnungspanne gab es zunächst bei Jörg Jansen (6). Gegen Klaus Benders seltenes Spezialsystem hatte er sich ein wenig vorbereitet, aber im typischen Sonntagmorgen-Halbschlaf wählte er aus Versehen eine Variante, die er eigentlich verworfen hatte! Bald stand Jörg etwas schlechter und vor allem perspektivlos, so dass er keinen Grund sah, ein gegnerisches Remisangebot abzulehnen. Noch schlimmer wurde Kai Schumann (7) in der Eröffnung erwischt. Die Wurzel allen Übels war wohl bereits im 6. Zug ein leichtsinniger Bauernvorstoß, der einfach zu große Schwächen im eigenen Lager hinterließ. Karl-Heinz Müller nutzte seine Chancen konsequent aus und errang relativ schnell entscheidenden Materialvorteil. Bei Karsten Neurohr (2) begann die Partie verhaltener, wurde aber plötzlich sehr scharf, als der Balinger Bernd Volz sich zu einem gierigen Bauernraub hinreißen ließ. Er hätte besser die Finger davon gelassen, denn Karsten bekam sofort gefährlichen Angriff und konnte die Partie dann auch ebenso schnell wie schön zum Sieg führen. Ein kunterbuntes Hauen und Stechen lieferte sich Bernd Staufenberger (8) mit Markus Geiger. Nach romantischer Eröffnung im Stile des 19. Jahrhunderts schien Bernd zunächst sehr chancenreich zu stehen, aber in unübersichtlicher Lage verlor er dann den Faden und war letztlich froh, dass sein Gegner nicht mehr als eine Remisabwicklung fand. Zuvor hatte der Balinger im Mittelspiel wohl gute Gewinnchancen verpasst. Diese haarigen Momente waren allerdings noch gar nichts im Vergleich zu dem, was Martin Schmidt (3) in seiner Partie durchlebte. Vielleicht hatte er Manfred Haller (bis dahin 0/4) ein wenig unterschätzt, jedenfalls spielte er die Eröffnung allzu schludrig und stand nach weiteren Ungenauigkeiten haarscharf am Rande des Abgrunds. Vor allem wäre ein schönes Springeropfer möglich gewesen, nach welchem die Computerbewertung mal eben auf +9 (!) springt. Der Außenseiter traute sich jedoch nicht und setzte viel zu schüchtern fort, wonach die Stellung kippte und Martin die Partie nach einem Bauerngewinn doch noch für sich entscheiden konnte. Michael Schwerteck (4) spielte gegen André Dreyer zunächst eine recht gute Partie und schien seinem ersten Saisonsieg entgegenzusteuern, bis dann doch wieder eine totale Denkblockade eintrat. In einem klar besseren Endspiel ließ der Teamchef ohne jede Notwendigkeit Gegenspiel zu und ein vermeintlicher Trick war ganz simpel zu widerlegen. Zum Glück bot der Balinger in Zeitnot und in Unkenntnis des genauen Spielstands reflexhaft remis an, anstatt selbst auf Gewinn zu spielen (wobei es wohl tatsächlich noch knapp remis war). Dieser halbe Punkt war den Königskindern nicht unrecht, da beim Stand von 3,5:2,5 schon abzusehen war, dass die letzten beiden Partien zumindest nicht verloren gehen würden. Lauritz Jansen (5) lieferte sich mit Mario Holderied ein zähes positionelles Ringen, in dem die Remisbreite wohl nie überschritten war. Zeitweise hatte Lauritz ein wenig Druck, später schien er wiederum in leichte Schwierigkeiten zu geraten, aber schließlich endete die Sache mit einem fairen Unentschieden. Matthias Hönsch (1) gegen Jürgen Muschkowsky war hingegen wieder ein wilder Kampf, in dem bei weitem nicht alles mit rechten Dingen zuging. Matthias folgte in der Eröffnung unwissentlich dem Klassiker Keres-Petrosjan (Kandidatenturnier Zürich 1953), geriet damit aber als Schwarzer in eine ziemlich passive Lage. (In der Tat lässt David Bronstein in seinem berühmten Turnierbuch kein gutes Haar am Aufbau des späteren Weltmeisters.) Ein Befreiungsversuch per Bauernopfer war objektiv sehr dubios, aber Muschkowsky ließ sich tatsächlich ins Bockshorn jagen, so dass die Stellungsbewertung vollkommen kippte. Mit einem gesunden Mehrbauern schien Matthias nun auf der Siegerstraße zu sein, aber wie es so oft vorkommt, gab er im 40. Zug ein unbedachtes Schach, das sich im Nachhinein als ausgesprochen schädlich erwies (verschiedene andere Züge hätten glatt gewonnen, wie die stets hilfsbereite Maschine mitzuteilen geruht). Plötzlich gab es keinen konstruktiven Plan mehr und Matthias fügte sich lieber ins Remis, bevor noch etwas schiefgehen konnte.

Mit diesem Ergebnis sind die Kökis sogar auf Platz 3 vorgerückt, sind aber in der nächsten Runde spielfrei. Erst am 16. Februar geht es mit dem reizvollen Lokalderby gegen den SV Tübingen weiter – aus organisatorischen Gründen wohlgemerkt „auswärts“, d.h. im Salzstadel.


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